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Rede anlässlich der Fachtagung des Pflegefamiliendienstes und der zentralen Behörde für Adoption zum Thema „Bindung eines Pflege- und Adoptivkindes in den verschiedenen Lebens- und Entwicklungsphasen


Rede von Antonios Antoniadis, Minister für Familie, Gesundheit und Soziales, anlässlich der Fachtagung organisiert durch den Pflegefamiliendienst und die zentrale Behörde für Adoption zum Thema „Bindung eines Pflege- und Adoptivkindes in den verschiedenen Lebens- und Entwicklungsphasen mit Schwerpunkt Pubertät“

Eupen, 20. September 2014

2014-09-20 Fachtagung Pflege- Und Adoptiveltern (2) (421.7 KiB)

Liebe Pflegeeltern,
liebe Adoptiveltern,
meine Damen und Herren,

ich möchte Sie ganz herzlich hier im Europasaal willkommen heißen. Ich bin froh, so früh in meiner Amtszeit auch diesen Aspekt meiner Arbeit kennenzulernen. Doch am meisten freue ich mich über Ihre Anwesenheit. In den kommenden Stunden wird ein Begriff besonders im Vordergrund stehen, nämlich das Wort „BINDUNG“.

Ich habe vor ein paar Tagen spontan zum Duden gegriffen. Dort gibt es interessante Definitionen. Punkt 1, unter Allgemeines: „bindende Beziehung und Verpflichtung“. Im Handwerk bezeichnet das Wort „eine feste Fügung“ (beispielsweise von Balken). Und in der Physik ist von „Zusammenhalt der Teilchen im Atomkern die Rede“.

Verpflichtung, Beziehung, Fügung und Zusammenhalt.

Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, aber ich finde diese 4 Begriffe passen hervorragend zum Thema. Genau in dieser Reihenfolge. Pflege- und Adoptiveltern verpflichten sich zunächst, für ein Kind Sorge zu tragen. Es zu hegen und zu pflegen. Im Laufe der Zeit bauen sie eine Beziehung zum Kind auf. Eine bindende Beziehung erfordert natürliche eine gewisse Zeit. Nach einer Weile fügt sich im Idealfall dann alles zu einem großen Ganzen. Dieses große Ganze wird vom Zusammenhalt zwischen Eltern und Kind am Leben erhalten.
Nur eine nachhaltige Verbindung zum Kind kann zu einer festen Bindung führen. Erst wenn diese Bindung existiert, kann das Kind sich frei entfalten und entwickeln. Ich bin sicher, dass unser Gastreferent, Herr Professor Huber, dies gleich viel besser erklären wird als ich das als Laie erläutert habe. Herr Professor Huber, an dieser Stelle möchte ich mich im Namen der DG erneut für Ihr Kommen bedanken!

Meine Damen und Herren,

ich habe gestern die Entwicklung eines Kindes mit einem Fluss verglichen. Ich möchte auch heute wieder diesen Vergleich ziehen. Genau wie ein Fluss, ist die Entwicklung des Kindes unaufhaltsam. Mal ist die Strömung stärker, mal ist sie schwächer. Manchmal stellen sich dem Fluss Felsen oder Klippen in den Weg. Dann schlägt er gelegentlich eine andere Richtung ein, wobei er immer ein und derselbe Fluss bleibt.

Ganz auf sich alleine gestellt, ganz alleine in einem kleinen Boot, würde ein Kind in einem solchen Fluss wohl untergehen. Doch die Eltern sind ja da, um das zu verhindern. Sie führen ihr Kind durch die Gefahren, sie begleiten es. Sie bieten ihm Schutz, Halt und Geborgenheit. Ist die Strömung zu heftig, steuern sie gegen. Droht der Fluss still zu stehen, rudern sie kräftig mit. Aus den unterschiedlichsten Gründen sind die leiblichen Eltern in einigen Fällen außer Stande, dem Kind zu helfen. Dann gibt es glücklicherweise die Pflege- und Adoptiveltern. Dann gibt es glücklicherweise Menschen wie Sie! Entlang des sehr langen Flusses sind Sie Anlegeplätze und Anker gleichermaßen.

Diese Aufgabe verlangt den Pflege- und Adoptiveltern einiges ab: Mut, Ausdauer, Geduld, Widerstandsfähigkeit. Jedes Kind ist anders, jede Pflege- oder Adoptivfamilie ist anders und somit auch jede Bindung oder Beziehung. Doch wichtig ist: Bei dieser Aufgabe sind Sie nicht alleine! Zahlreiche Experten aus den unterschiedlichen Diensten unterstützen Sie dabei. Sie begleiten und beraten Sie in den schwierigen Situationen des Alltages. Es ist außerdem schön zu sehen, dass sich Pflegeeltern zu der Vereinigung „Collage“ zusammengeschlossen haben.

Gemeinsam können Sie sich besser Gehör verschaffen und Lösungen für Probleme finden bzw. die Politik darauf aufmerksam machen. Und deswegen möchte auch ich, stellvertretend für die Regierung der DG, Ihnen so gut es geht dabei behilflich sein. Es gibt leider noch zu wenig Pflegeeltern. Kürzlich war der Pflegefamiliendienst bei der Veranstaltung Haaste Töne. Diese Aktion war ein guter Start, um auf das Thema aufmerksam zu machen. Derartige Sensibilisierungsmaßnahmen werden wir in Zukunft vermehrt ins Auge fassen, um für den Dienst der Pflegeeltern zu werben.

Liebe Pflege- und Adoptiveltern,

ich bewundere Menschen wie Sie. Ich bewundere Ihre Leidenschaft für Kinder, Ihre Hingabe für Kinder. Aber vor allem: Ihre Liebe für Kinder. Dafür möchte ich Ihnen herzlich danken.

Albert Einstein, der Begründer der Relativitätstheorie, sagte einst „Es gibt keine großen Entdeckungen und Fortschritte, solange es noch ein unglückliches Kind auf Erden gibt.“ Er erkannte schon damals, dass alles andere „relativ“ ist, wenn es darum geht, Kindern das zu geben, was sie zum Leben brauchen: Liebe.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine interessante Fachtagung.

Geschlossen.

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