Reden / Reden & Parlament

Letzte Scheckübergabe der Lovinchen


Es gilt das gesprochene Wort!

06/11/2017

Scheckübergabe Lovinchen (281.7 KiB)

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Lovinchen,

bevor wir nun gleich zum „Wesentlichen“ – der Scheckübergabe- kommen, möchte ich Ihnen eine kurze Geschichte erzählen, die ich erst kürzlich in einer Zeitschrift gelesen habe:

 

Es ging um den Direktor einer großen karitativen Organisation. Er wurde gebeten, in einem kleinen Dorf einen Vortrag darüber zu halten, wie man auch dort ein Hilfswerk gründen könnte.

Der Großteil der Dorfbevölkerung hatte sich versammelt und war äußerst aufgeregt angesichts des hochrangigen Referenten. Das Gemeindehaus war geschmückt, Kaffee und Kuchen standen bereit und der Fachmann wurde gespannt erwartet.

Dann endlich kam der berühmte Direktor. Er nickte allen freundlich zu, ließ sich Kaffee einschenken und aß gemütlich ein Stück Kuchen. Anschließend trat er ans Rednerpult und sagte- erst mal gar nichts.

Stattdessen nahm er einen zerknitterten Zettel aus der linken Innentasche seines Jacketts und begann einige Namen vorzulesen. Es waren die Namen einer Witwe und ihrer vier Kinder, mitsamt deren Alter und Kleidergrößen. Darüber hinaus erläuterte er kurz, was der Familie alles fehlt.

Dann sah er vom Rednerpult in den Saal des Gemeindehauses und sprach zu der dort versammelten Dorfgesellschaft: „Meine Damen und Herren, wenn Sie eine Wohltätigkeitsorganisation gründen wollen, so helfen Sie dieser Familie! Sie wohnt gleich in der Nähe; die Adresse lasse ich ihnen hier auf dem Tisch liegen. Aber nun muss ich leider gehen. Danke für den Kaffee und das Stück Kuchen!“ Und weg war er.

Die Dorfgesellschaft war baff: Hatte sie sich doch auf einen einstündigen wissenschaftlichen Vortrag eingestellt- und nun waren gerade mal zehn Minuten um. Also nutzen die Menschen die nun gewonnene beziehungsweise die verbleibende Zeit, um zu beraten, wie sie der Familie helfen wollen. Und noch am selben Tag sind sie voll bepackt hingefahren. Die Familie freute sich riesig und war zu Tränen gerührt.

Und weil diese Wohltat so gut geklappt hatte, halfen die Menschen weiteren Familien und wieder weiteren… Ihre Wohltätigkeitsorganisation war geschaffen.

 

Werte Anwesende,

Sie fragen sich möglicherweise warum ich Ihnen diese Gründungsgeschichte nun erzähle, wo wir uns doch heute zur letzten Scheckübergabe der Lovinchen und somit quasi zum Abschlusstreffen der Vereinigung zusammengefunden haben. Ich will es Ihnen sagen.

Als ich diese Story gelesen habe, musste ich recht schnell an das Engagement der Lovinchen denken und habe mir dabei vorgestellt, wie ihre Gründung wohl vor rund 28 Jahren ausgesehen haben muss. Ich denke, sie war der soeben geschilderten Geschichte sehr ähnlich. Denn genau wie darin beschrieben, haben auch die Lovinchen mit einem karitativen Gedanken begonnen und diesen auf unkompliziertem und schnellem Wege in die Tat umgesetzt. Was in der Geschichte verdeutlicht wird, haben Sie, werte Lovinchen, bewiesen. Nämlich, dass es oftmals keiner großen Konzepte oder gar Vorträge bedarf, um Anderen Gutes zu tun. Es bedarf lediglich einer großer Portion Nächstenliebe und Tatkraft.

Und genau diese beiden Eigenschaften sind es, die Sie in Ihrem Handeln über so viele Jahre hinweg bestärkt haben. Guter Wille und Tatkraft! Die Lovinchen vertraten stets die Philosophie „Handelt statt reden“- dafür waren und sind sie bekannt.

Sie setzten sich für wohltätige Zwecke ein, indem Sie beispielsweise Glühwein, Kakao und Hot-Dogs auf dem Martinszug hier in Eupen verkauften. Über die Jahre hinweg haben Sie es geschafft, rund 40.000 € Spendengelder zu sammeln und damit hilfsbedürftige Menschen glücklich zu machen und Organisationen zu unterstützen. Ich denke da zum Beispiel an die Palliativpflege in Eupen, an das Klösterchen oder auch an die Bewohner des Königin-Fabiola-Hauses.

Doch das Hauptaugenmerk der Lovinchen lag seit der Gründung darin, von Armut betroffene Personen aus unserer Gegend zu unterstützen. Ob Medikamente, Hygieneartikel, Heizmaterial oder rein finanzielle Unterstützungen- die Lovinchen griffen stets jenen unter die Arme, die kaum in der Lage waren, sich das Nötigste zu leisten. Dinge, die von vielen unter uns als selbstverständlich erachtet werden, waren für Ihre Schützlinge Herzenswünsche. Und Sie erfüllten sie ihnen.

Die Lovinchen halfen dort, wo Hilfe gebraucht wurde. Oft war das gleich um die Ecke, mitten unter uns. Sie halfen schnell und vor allem ohne komplizierte Umwege.

„Taten zählen nun mal mehr als Worte“ – dieses Mantra haben Sie vorgelebt.

Und auch ich möchte diesem Grundsatz nun folgen und meinen Redebeitrag beenden. Ich schlage vor, dass wir zur Tat schreiten. Immerhin haben wir uns heute zu einer ganz besonderen Scheckübergabe zusammengefunden. Diese ist insofern besonders, als sie sich sowohl mit einem weinenden als auch mit einem lachenden Auge betrachten lässt.

Es ist zweifelsohne traurig, dass Sie sich dazu entschlossen haben, Ihr Engagement als Lovinchen aus Altersgründen zu beenden. Doch die Trauer wird in diesem Fall ganz klar durch ein Lächeln in den Schatten gestellt. Ein zufriedenes Lächeln darüber, was Sie über die Jahre alles geleistet haben und wie viele Menschen und Organisationen Sie dadurch glücklich machen konnten.

Liebe Lovinchen: vielen Dank dafür, dass Sie in einer so langen Zeit solch wertvolle und nachhaltige Arbeit geleistet haben. Ich muss zugeben, ich bewundere Sie und möchte Ihnen an dieser Stelle auch im Namen der Regierung für Ihre Zukunft alles Gute wünschen. Initiativen wie die Ihre haben bewiesen, dass es möglich ist, Menschen auf unbürokratische Weise zu unterstützen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend!

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