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Interpellation zu den Erkenntnissen aus der Corona-Pandemie hinsichtlich der Gesundheitsprävention in der Deutschsprachigen Gemeinschaft


Es gilt das gesprochene Wort!

01.07.2020

11 Interpellation: Gesundheitsprävention Erkenntnisse Corona-Krise und Frage 278

Kolleginnen und Kollegen,

die Aufarbeitung der Coronakrise, die in dieser Form einmalig in der neueren Geschichte ist, wird das politische Geschehen der nächsten Monate und wahrscheinlich auch Jahre beeinflussen.

Eine systematische Evaluation des Managements in dieser Zeit und eine Analyse der Feststellungen können wichtige Schlüsse für das künftige Handeln beinhalten.

Nicht zuletzt aus diesem Grund habe ich angeregt, dass ein umfassender Untersuchungsausschuss zum Aufarbeiten der letzten Monate beim Parlament eingesetzt werden sollte.

Auch im Inland gibt es mittlerweile Vorschläge und Forderungen nach einer Evaluation der Krise.

Das begrüße ich außerordentlich.

Nur so kann man aus Erfahrungen lernen, um für künftige Herausforderungen besser gewappnet zu sein.

Die Politik, die Wissenschaft, die betroffenen Sektoren und die Gesellschaft arbeiten bereits an der Aufarbeitung dieser Zeit.

Es bleibt aber eine Operation am offenen Herzen.

Denn weder sind wir aus der Krise komplett raus noch haben wir die Zeit, eine Verschnaufpause einzulegen, kurz inne zu halten und mit Abstand zu reflektieren.

Im laufenden Betrieb müssen deshalb die Analyse erfolgen und die Verfahren angepasst bzw. neue Maßnahmen ausgearbeitet werden.

Nun zu Ihren Fragen.

Bezüglich Ihrer ersten Frage: In eine Interpellation alle bereits gewonnenen Erkenntnisse aus Wissenschaft und Politik zu packen, ist nicht möglich.

Zumal der wissenschaftliche Stand sich in einer Rekordgeschwindigkeit entwickelt. Was sonst Jahre benötigt, wird in Tagen, Wochen und Monaten geleistet.

Die Erkenntnisse darüber sind zahlreich. Sie werden auch regelmäßig veröffentlicht. Darüber wird sehr viel in der Presse berichtet.

Ich denke, ich brauche auch nicht darauf einzugehen, dass es noch immer keinen Impfstoff gibt. Das Gleiche gilt für eine präventive Medikation bzw. eine kurative.

Man kann hoffen, dass es hier zu einem Durchbruch kommt, aber sicher ist man sich nicht. Auch wenn laut Aussagen eine gewisse Zuversicht herrscht.

In der Zwischenzeit bleiben eine korrekte Hygiene, ein gewisses Maß an Abstand und Risikoeinschätzung sowie die Stärkung des Immunsystems wichtige Ratgeber.

Sciensano, die Risk Management und die Risk Assessment Group sowie die Interministerielle Konferenz Gesundheit sind wichtige Informations- und/oder Austauschplattformen für die Politik.

Auch die Politik musste übrigens das Tempo anpassen. Den Regierungen wurden mehr Möglichkeiten gegeben, kurzfristig Entscheidungen treffen zu können, um handlungsfähig zu bleiben.

Grundsätzlich sollte aber erwähnt werden, dass die Aufarbeitung der Coronakrise im Inland erst beginnt. Einladungen zu Evaluationsgesprächen wurden ausgesprochen.

Die DG wird sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Zuständigkeiten in den entsprechenden Gremien beteiligen.

Wir sind aber der Meinung, dass es wichtig ist, wenn diese Evaluation möglichst von außen erfolgt bzw. begleitet wird.

Es wäre in meinen Augen zum Beispiel zu kurz gegriffen, wenn die Risk Management Group ihre Arbeit selbst bewertet. Hier müssten weitere Akteure einbezogen werden. Aber die Überlegungen, wie dies vonstattengehen soll, laufen noch.

Sie sprechen konkret die Wohn- und Pflegezentren (WPZS) an.

Seit Anfang Juni wurden auf Initiative meines Kabinetts erste Treffen zwischen den Regionen zu den Maßnahmen in den WPZS gestartet. Ziel ist es, im Rahmen der Seniorenpolitik auch nach der akuten Phase der Corona-Krise sich weiter gegenseitig über Entwicklungen in den Teilstaaten zu informieren und voneinander zu lernen.

Was den bisherigen Ablauf in den Wohn- und Pflegezentren betrifft, kann man festhalten, dass die Einrichtungen in dieser Zeit ihre Arbeit gut gemacht haben.

Die Mitarbeiter in den Wohn- und Pflegezentren haben großes Engagement gezeigt und ihr Möglichstes getan, um das Virus von den Häusern fern zu halten sowie die Bewohner optimal zu umrahmen.

Dafür gebührt ihnen unser Dank und unsere Anerkennung.

Ich denke, das kann man nicht oft genug wiederholen.

Es ist schon fast zynisch, dass eine Pandemie ausbrechen musste, bevor einige Menschen verstanden haben, welche Bedeutung die Pflegeberufe und insgesamt alle Berufe haben, die während dieser Krise besonders gefordert waren.

Abgesehen von der Tatsache, dass das Management einer Pandemie eine föderale Angelegenheit ist, glaube ich, dass die DG, die im konkreten Fall der stationären Seniorenpflege zu normalen Zeiten eigentlich zuständig ist, ebenfalls ein zuverlässiger Partner und Impulsgeber war. Wir haben außerdem, dort, wo es nötig war, die Rolle des Steuermanns unterstützt oder gar die Führung übernommen.

Die Regierung hat die Einrichtungen in dieser Zeit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und sehr weit darüber hinaus unterstützt.

Hier wurden die Hygienemaßnahmen ergänzt. Wir haben Weiterbildungen organisiert und eine externe Beratung durch die AHS bereitgestellt. Erst später wurde dies auch im Inland empfohlen.

Es wurden Isolierbereiche und Quarantäneeinheiten errichtet.

Wie ich schon eben mitgeteilt habe, haben wir ein mobiles Ärzte- und Krankenpflegeteam eingerichtet, das auch während der Hochzeit der Pandemie in den Wohn- und Pflegezentren aktiv war, um die Pflege zu unterstützen und den Gesundheitszustand der Bewohner zu beobachten.

Diese Idee wurde später ebenfalls von der Wallonie umgesetzt.

Außerdem wurde eine eigene Testingstrategie entwickelt, die in Kombination mit von uns gekauften Tests dafür gesorgt hat, dass gezielt und vor allem nachhaltig getestet wurde.

Im Inland hat man sich stattdessen nur auf die föderalen Tests konzentriert.

Außerdem wurde dort oftmals jeder Bewohner oder Mitarbeiter nur ein einziges Mal getestet.

So wurden die ohnehin begrenzten Tests aufgebraucht, indem einmalig ein Foto der Situation entstand. In vielen Fällen waren diese Tests negativ, weil eben kein Grund bestand, bestimmte Personen zu testen.

Zu kritischen Momenten wurde Personal aus anderen Diensten in den Wohn- und Pflegezentren eingesetzt. Das konnte nicht nur das Knowhow stärken, sondern auch die Zahl der Fachkräfte unterstützen.

Durch Einführung eines Verbots für fast jeglichen Zutritt von außen konnte der Einzug des Virus in den meisten Häusern verhindert werden.

Der Einzugsstopp hat außerdem nicht nur das Virus ferngehalten, sondern das Pflegepersonal entlastet.

Der rechtzeitige Einsatz von hochwertigem Schutzmaterial durch eigene Ankäufe der DG hat Früchte getragen. Anstatt auf den Föderalstaat zu warten, wurden wir selbst aktiv und ein ganzes Logistiksystem für Masken, Handschuhe, Kittel, Schutzbrillen, Desinfektionsmittel und viele weitere Produkte eingerichtet. Die Qualität des Materials lag über dem Standard, der vom Föderalstaat oder der Risk Management Group für Seniorenheime definiert wurde.

Sogar Sauerstoffflaschen haben wir für den Ernstfall im Ministerium gelagert und parallel ein Inventar der Kapazitäten in den Heimen aufgebaut.

Diese sind nur einige von vielen Maßnahmen, die wir in Ostbelgien ausgearbeitet und umgesetzt haben und die sich als sehr wirksam erwiesen haben.

Zwei Einrichtungen konnten das Virus nicht außerhalb der Mauern halten. 31 positiv getestete Bewohner und neun Verdachtsfälle sind leider verstorben. Unsere Gedanken sind bei ihren Angehörigen, die einen lieben Verwandten verloren haben.

Wie ich aber bisher schon oft gesagt habe, die Mitarbeiter der zwei Einrichtungen haben deswegen nicht versagt. Sie haben ihr Möglichstes getan, um das Virus aufzuhalten. Letztlich ist es ein Trugschluss, wenn man glaubt, das Virus aufhalten zu können. Man kann die Ausbreitung der Infektion vermeiden, aber ohne Medikation oder einen Impfstoff lässt es sich nicht aufhalten. Eine Immunisierung der Gesellschaft auf „natürlichem“ Wege würde den Tod von Millionen Menschen weltweit bedeuten.

Es grenzt, mit Blick auf das Inland, schon fast an ein Wunder, dass die Zahl der betroffenen Heime und der infizierten Bewohner so gering geblieben ist.

Auch außerhalb der Wohn- und Pflegezentren gehörten überwiegend ältere Menschen zu den weltweiten Opfern dieses Virus.

Bezüglich Ihrer zweiten Frage:

Wie sieht nun die Zukunft aus in den Wohn- und Pflegezentren?

Die Maßnahmen werden gelockert, da sich die Ausbreitung des Virus in Grenzen hält. Das Risiko einer Infektion sinkt vorerst. Ist die Gefahr gebannt? Noch immer weiß man zu wenig darüber. Eine zweite Welle ist nicht auszuschließen. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass wir eine zweite Welle erleben werden.

Gemäß des Vorsorgeprinzips ist es daher unsere Pflicht, uns soweit es geht, auf eine zweite Welle vorzubereiten.

Es ist mir lieber, mir wird als Politiker vorgeworfen, zu strenge und nicht notwendige Maßnahmen getroffen zu haben, als dass man aus Angst vor unpopulären Entscheidungen lasch bleibt und das Leben der Bewohner in den Wohn- und Pflegezentren in Gefahr bringt.

Aus diesem Grund bereiten wir in der Tat ein Konzept für eine zweite Welle vor.

Die DG hat, wie ich bereits vor Monaten angekündigt hatte, eine strategische Reserve für Schutzmaterial aufgebaut.

Wir werden bis zum Ende der Pandemie die Wohn- und Pflegezentren mit Schutzmasken versorgen.

Wir werden bis mindestens zum Herbst die Einrichtungen ebenfalls mit sonstigen Schutzprodukten ausstatten, die die Heime auch zu Normalzeiten einsetzen, wie Handschuhe, Schürzen und Desinfektionsmittel.

Mit jedem Wohn- und Pflegezentrum haben wir ein maßgeschneidertes Konzept ausgearbeitet, wie in Zukunft mit einem Wiederausbruch des Virus umzugehen ist.

Pro Wohn- und Pflegezentrum wird eine bestimmt Anzahl Plätze für Covid-19-Bewohner reserviert. Die Mindereinahmen, die durch die Nicht-Belegung entstehen werden, wird die Deutschsprachige Gemeinschaft in der Zeit auffangen.

Durch diese Maßnahme wird doppelt entlastet.

Es sind weniger Bewohner zu pflegen.

Außerdem wird im Fall einer Infektion separat gepflegt. Was für das Personal wesentlich einfacher ist.

Auch diese Maßnahme ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt einmal in Belgien.

Wir haben außerdem ein Outbreak-Support-Team eingerichtet, das bei Ausbrüchen von mehr als zwei Personen in Einrichtungen ab heute zum Einsatz kommt.

Dieses Outbreak-Support-Team ist nicht nur für die Wohn- und Pflegezentren da, sondern auch für andere Einrichtungen.

Neben diesen Maßnahmen wurden auch andere Maßnahmen getroffen, um eine zweite Welle in Ostbelgien zu vermeiden bzw. während einer zweiten Welle zu agieren.

Dazu gehört das Kontakt-Tracing, das bisher erfolgreich im Einsatz ist und nur mit der Mitarbeit der Bevölkerung funktionieren kann.

Hinzu kommt eine Corona-App, die in Belgien wahrscheinlich erst im September zum Einsatz kommen wird. Auch hierfür ist die Zusammenarbeit der Bevölkerung unerlässlich.

Schließlich wäre die Durchführung von Tests zu erwähnen. Hier ist die DG nicht zuständig, aber wie bereits vor Monaten kaufen wir Tests zur Verstärkung der föderalen Testing-Strategie.

Diese Tests kommen im Moment in den beiden Krankenhäusern zum Einsatz. Sie werden in den beiden Drive-Ins durchgeführt und entweder im Inland oder in Aachen analysiert.

Die Teststrategie wurde auf asymptomatische Personen ausgeweitet, die einen High-Risk-Kontakt haben.

In der Interministeriellen Konferenz Gesundheit hatte ich außerdem angeregt, dass die Testingstrategie des Föderalstaates auch serologische Tests umfassen sollte.

Im Falle einer knappen Verfügbarkeit sollte man, so meine Aussage in der IMK, sich auf jeden Fall zunächst auf Antikörpertests für Pflegekräfte konzentrieren. Bei ihnen ist der Nachweis auf Antikörper zum jetzigen Zeitpunkt am ehesten vorhanden. Außerdem können sie mit guter Gewissheit arbeiten gehen.

Sowohl der Konzertierungsausschuss als auch Sciensano haben sich mit diesem Vorschlag befasst. Wir sind in Erwartung eines Konzeptes.

Die DG wird je nach Entwicklung der Pandemie in Absprache mit Experten und Ärzten die Testingstrategie ausweiten.

Das gilt sowohl für PCR-Tests als auch für serologische Tests.

Für Letzteres könnte ich mir eine Kooperation mit dem St. Nikolaus Hospital vorstellen, das über einen entsprechenden Apparat verfügt.

Ich kann an dieser Stelle mitteilen, dass die Kontaktvermittlung seitens der Regierung Früchte getragen hat.

Das St. Nikolaus Hospital hatte sich an einer Studie zwecks Anerkennung seines Geräts für serologische Tests beteiligt.

Ende der Woche wird das Gerät offiziell in der Liste der zulässigen und rückerstattbaren Leistungen aufgenommen.

Das sind sehr gute Nahrichten für den Umgang mit dem Virus in Ostbelgien!

Was die Zusammenarbeit mit dem Ausland angeht, so bin ich überzeugt, dass eine europäische Antwort auf die Coronakrise zu einem besseren Management der Krise geführt hätte.

Während der Coronakrise hat jeder Staat seine eigenen Interessen verteidigt. Tests und Masken wurden im Alleingang angeschafft. Auslieferungen von Schutzmaterial an Nachbarstaaten wurden gestoppt.

Selbst bei der Sicherung von Impfpräparaten werden noch immer Alleingänge betrieben.

Dies ist bedauerlich.

Dennoch gibt es auch Zeichen der Kooperation.

So bemüht sich die DG um Kooperation beim Kontakt-Tracing. Wir arbeiten hier eng mit den Gesundheitsämtern der benachbarten Bundesländer zusammen. In einer Grenzregion wie Ostbelgien eine immens wichtige Sache.

Mit der Öffnung der Grenzen steigt auch die notwendige Kommunikation und Kooperation der europäischen Staaten. Grenzüberschreitende

Meldungen werden in Zukunft europaweit über das EWRS (Early warning and response system) erteilt.

Dieses System wird auch regelmäßig im kleineren Maße bei anderen Krankheitserregern genutzt.

Auch die EMR (Euregio Maas Rhein) hat ihre Kooperationsarbeit während der Corona-Krise ausgebaut, unter anderem durch den Aufbau verschiedene Arbeitsgruppen, sowie der Teilnahme an dem InterReg-Projekt Pandemic.

In Ihrer dritten Frage gehen Sie auf das Testmaterial, auf Impfstoffe und Medikamente ein.

Ich habe bereits in Beantwortung Ihrer zweiten Frage mitgeteilt, dass wir selbst Testmaterial und Laborkapazitäten erworben haben.

Auch wenn wir nicht dafür zuständig sind, haben wir diesen Schritt als notwendig erachtet.

Gemeinsam mit den föderalen Tests stehen in der Deutschsprachigen Gemeinschaft somit aktuell ausreichend Kapazitäten für PCR-Tests zur Verfügung.

Landesweite Engpässe entstanden in der Vergangenheit durch mangelnde Laborkapazitäten, da nicht jedes Labor mit entsprechenden Gerätschaften und Material ausgestattet war.

Die Testkapazität belgischer Labore wurde aber seit Beginn der Corona-Pandemie erheblich verbessert und deckt den Bedarf an PCR-Tests.

Bezüglich der bereits bestehenden Impfkampagnen empfiehlt der Hohe Rat für Gesundheit[1], neben der regulären Zielgruppe auch Menschen ab 50 Jahren gegen das Grippevirus zu impfen, um die Gesundheitsdienstleister der ersten Linie im Falle einer „zweiten Welle“ zu entlasten.

Aus epidemiologischen Gründen ist eine Grippeimpfung zwischen Mitte Oktober bis Ende November am wirksamsten.

Jährlich wird unter Aufsicht der WHO ein neuer Impfstoff entwickelt, da Grippeviren regelmäßig mutieren und Impfstoffe vergangener Jahre an Wirksamkeit verlieren.

Der Impfstoff für das Jahr 2021 steht noch nicht zur Verfügung.

Die Planung einer umfangreichen Grippeimpfkampagne zur Bewerbung der angepassten Richtlinien und der Notwendigkeit einer solchen

Maßnahme in Ostbelgien haben bereits begonnen. Die Kampagne wird im Oktober stattfinden.

Unsere Grippekampagne hat sich stets an die Allgemeinbevölkerung und nicht nur an Gesundheitsdienstleister gerichtet. Das wird auch in Zukunft der Fall sein.

Der Grippe-Impfstoff wird weder von der Deutschsprachigen Gemeinschaft bestellt noch gelagert. Die Hausärzte bestellen und verabreichen die Impfung.

Die Anschaffung und Bereitstellung von Antibiotika und sonstigen Medikamenten gehört übrigens nicht zur Vorsorge. Hier ist der Föderalstaat für den Bereich der Akutmedizin zuständig. Von der Zulassung, der Verschreibung bis hin zur Verabreichung und Rückerstattung regeln die Föderalregierung und das LIKIV den Einsatz von Medikamenten.

Sowohl auf föderaler als auch auf internationaler Ebene wird an der Entwicklung von neuen Medikamenten geforscht und an deren Beschaffung gearbeitet. Dieses Thema übersteigt allerdings bei weitem. die Zuständigkeiten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Weder können wir uns an der Forschung noch an der Beschaffung beteiligen. Wir werden allerdings über Fortschritte in diesem Bereich einbezogen.

Was die Entwicklung und die Anschaffung eines Corona-Impfstoffs angeht, so wird die Deutschsprachige Gemeinschaft an der Vorbereitung einer Impfstrategie des Föderalstaats beteiligt. Diese wird in den nächsten Wochen finalisiert und veröffentlicht.

Die Impfstrategie bettet sich in die gemeinsame Impfstrategie für Covid-19 der EU-Kommission ein.

Diese Strategie setzt die Wirksamkeit eines Impfstoffes voraus.

Außerdem soll sie gewährleisten, dass jeder EU-Bürger einen schnellen und gleichberechtigten Zugang zum Impfstoff erhält.

Belgien hat genauso wie die anderen Mitgliedsländer der EU Mandatsrechte für Verhandlungen mit der Pharmaindustrie übertragen. Auf diese Weise wird eine größere Wettbewerbsfähigkeit erreicht. Außerdem sollen weitere Alleingänge vermieden werden.

In Bezug auf Ihre vierte Frage: Zu Beginn der Corona-Epidemie kam es in verschiedenen Einrichtungen der Deutschsprachigen Gemeinschaft zu Engpässen in der Versorgung mit Schmerzmitteln. Die betroffenen Einrichtungen erhielten jedoch rechtzeitig den benötigten Nachschub.

Aktuell wird kein akuter Medikamentenmangel in hiesigen Einrichtungen festgestellt.

Gerade weil die medikamentöse Versorgung eine föderale Zuständigkeit ist, haben wir uns beim Föderalstaat stets dafür stark gemacht, dass die Einrichtungen alle notwendigen Mittel, einschließlich der Medikamente, erhalten, um in der Pandemie ihren Auftrag erfüllen zu können. Wir haben stets auf die Bedarfe in Einrichtungen hingewiesen.

Der Föderalstaat hat während der Krise zwecks Beantwortung des Mangels eine Kontaktstelle eingerichtet, bei der die Einrichtungen materielle Engpässe melden konnten.

Die Klinik Sankt Joseph hat beispielsweise über diesen Weg einen Nachschub an Schmerzmitteln erhalten, der kurzzeitig nicht über den herkömmlichen Lieferanten verfügbar war.

Auch die Deutschsprachige Gemeinschaft hat die Zusammenarbeit zwischen den Krankenhausapotheken und den Wohn- und Pflegezentren in kritischen Fällen gefördert.

Diese Form der Zusammenarbeit wurde letztlich auch auf föderaler Ebene nachgeahmt, denn man stellte fest, dass eine schnelle Belieferung gerade von schweren Antalgika am besten durch die Krankenhausapotheken erfolgen konnten.

Grundsätzlich haben jedoch die niedergelassenen Apotheken wenig Schwierigkeiten gehabt, die entsprechenden Medikamente zeitnah zu besorgen

Abschließend stellen Sie in ihrer fünften und letzten Frage die Frage nach der Übertragung von Teilen der Gesundheitspolitik an die Teilstaaten. Der von Ihnen genannte Professor soll von einer Überforderung der Teilstaaten gesprochen haben.

Das ist ein sehr interessantes Thema, zu dem man eine eigene Debatte führen könnte.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass eine Staatsreform nicht nur in eine Richtung verlaufen muss.

Eine Reföderalisierung der Gesundheit wäre für mich ein gangbarer Weg, wenn dabei die Interessen der Deutschsprachigen Gemeinschaft gewahrt werden. Leider ist das bisher aber nicht der Fall gewesen. Man denke an die Abschaffung des IZOM oder die Absicherung der Krankenhausstandorte.

Wäre die DG nicht zuständig für Gesundheit, dann hätten wir schon längst keine zwei Krankenhäuser in Ostbelgien.

Deutschland hat 17 Gesundheitsminister. Ich glaube nicht, dass Belgien neun Gesundheitsminister braucht. Aber ich glaube aber schon, dass es gut ist, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft für die Gesundheit zuständig ist.

Wir konnten diese sanitäre Krise gut meistern, weil wir autonom sind.

Wir haben schnell reagieren können. Wir haben als einzige in Belgien unsere Einrichtungen strukturell mit Schutzmaterial versorgt. Wir haben die Verteilung der Schutzmaterials auf Dienste und Gesundheitsdienstleister erweitert, für die wir nicht zuständig waren.

Wir haben zwei Mal pro Woche alle Wohn- und Pflegezentren getroffen. Bis zu drei Mal pro Woche haben wir die beiden Krankenhäuser konsultiert.

Wir haben die Ärztekreise einbezogen und da, wo es möglich und nötig war, haben wir eine Koordinationsaufgabe übernommen.

Hinzu kommen die ganzen Maßnahmen, die ich eben schon erwähnt habe. All dies wäre ohne die Autonomie in der Gesundheitspolitik nicht möglich gewesen.

Ich kann daher dem Antwerpener Professor nicht zustimmen; zumindest nicht was die Deutschsprachige Gemeinschaft angeht.

Ich wage aber selbst im föderalen Kontext zu behaupten, dass Belgien die Krise nicht schlechter bewältigt hat als ein zentral organisierter Staat wie Frankreich.

Ich denke allerdings, dass es wichtig wäre, über eine weitere Staatsreform im Gesundheitsbereich zu sprechen. Die Zuständigkeiten in der Gesundheit sind zu fragmentiert. Man könnte eine wesentlich kohärentere Politik betreiben, wenn man die Bereiche klarer abstecken könnte.

Allerdings wird die DG bei so einer Staatsreform nicht einbezogen. Wie schon in der Vergangenheit werden Flamen und Wallonen über die Organisation des Staates verhandeln und eine Einigung treffen.

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass die Mehrheit der Flamen einer Reföderalisierung der Gesundheit zustimmen würde.

Aber dieses Anliegen wird möglicherweise ein Teil der Verhandlungen über eine föderale Regierung sein, aber mit Sicherheit nicht Teil der Diskussionen in der interministeriellen Konferenz. Das übersteigt bei weitem die Zuständigkeit dieses Gremiums.

Mit Blick auf Ihre Fragen, glaube ich auf alle ausreichend geantwortet zu haben und bedanke mich für die Aufmerksamkeit!

[1]https://www.health.belgium.be/sites/default/files/uploads/fields/fpshealth_theme_file/20200525_css-9581_vaccination_grippe_saisonniere_2020-2021_vweb_0.pdf

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