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Interpellation zur Etikettierung von Lebensmitteln


Interpellation vom 7.09.2016

Etikettierung von Lebensmitteln

Es gilt das gesprochen Wort!

Interpellation Etikettierung Von Lebensmitteln 1 (72.5 KiB)

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, Kolleginnen und Kollegen,

dass Prävention und Gesundheitsförderung aus medizinischer Sicht wichtige Themen sind, ist unbestritten. Investitionen in diesem Bereich unterstützen ein längeres und gesünderes Leben. Das haben auch Regierung und Parlament erkannt. Die Regierung wird im Herbst das neue Präventionskonzept vorstellen. Das aktuelle Konzept ist bekanntlich 2003 erstellt worden. Das neue Konzept wurde dem Beirat für Gesundheitsförderung vorgelegt. Im Oktober erwarte ich das entsprechende Gutachten, um letzte Anpassungen vorzunehmen, ehe ich es der Regierung zur Verabschiedung vorlege. Und auch der Ausschuss IV hat sich eingehend mit den Themen Prävention und Gesundheitsförderung beschäftigt und eine Reihe von interessanten Anhörungen organisiert, die in einem Bericht münden sollen. Das bedeutet jedoch nicht, dass bisher keine Präventionsarbeit geleistet wurde. Ich nutze deshalb die Fragen 3 und 4, um diese in Erinnerung zu rufen.

Fragen 3 + 4

Die Regierung hat am 14. Juli 2016 die Schwerpunkte ihrer Gesundheitspolitik auf Basis des Gutachtens des Beirats für Gesundheitsförderung verabschiedet.

Einer der Schwerpunkte ist die Förderung einer gesunden Ernährung. Dies soll durch Aktionen oder kohärente und korrekte Informationen geschehen.

Verschiedene Dienste in der DG haben die Aufgabe, fortlaufend im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung tätig zu sein. Die ASL, das PZ, Eudomos, die VOG Herz, Sport und Gesundheit, um nur einige Beispiele zu nennen.

Der Patienten-Rat & Treff organisiert regelmäßig Vorträge zu ganz spezifischen, aktuellen Themen.

Kaleido-DG ist für Kinder von 0-18 Jahren zuständig.

Auch die Krankenkassen sind in diesem Bereich sehr aktiv und sollen nach meinem Dafürhalten mit der Unterstützung der DG eine größere Rolle im Bereich der Prävention spielen. Als Gesundheitsexperten im Interesse der Bevölkerung sind sie dafür geradezu prädestiniert.

Wir haben das Tutti-Frutti Programm, geben Informationen zu gesunder Ernährung im Rahmen des Zahnprophylaxe-Programms und führen BMI-Messungen durch.

Die finanzielle Unterstützung der Regierung alleine an die ASL, den PRT, die VSZ, an Eudomos und Kaleido sowie an das PZ beläuft sich auf ca. 1.500.000 € pro Jahr. Das darf man also nicht außer Acht lassen.

Hinzu kommt das Programm für gesunde Ernährung und Bewegung (PEB).

Und auch im Ministerium der Deutschsprachigen Gemeinschaft ist eine Person vorwiegend mit dem Thema Prävention beschäftigt.

Selbstverständlich spielt auch die Verbraucherschutzzentrale eine wichtige Rolle.

Denn sie berät unsere Bürger bereits aktiv in Fragen der Nahrungsmittel und deren Zusammensetzung. Sie steht in direktem und regelmäßigem Kontakt mit der AFSCA. An dieser Stelle kann ich nur jedem einen Blick auf die Website der VSZ nahelegen. Ein Besuch lohnt sich. Wie man diese Informationen weiterentwickeln kann, möchte ich gemeinsam mit der VSZ überlegen.

In der DG gibt es also bereits ein umfassendes Angebot an Aktionen und Informationen für unsere Bürger. Dies erfolgt seit der neuen Legislaturperiode nicht zuletzt auch über die Jahresaktionspläne der einzelnen Einrichtungen. Diese werden im Rahmen der jeweiligen Begleitausschüsse ausgearbeitet und ausgewertet. Hierzu setzen wir auch auf die Synergien zwischen den Einrichtungen.

Das neue Konzept zur Gesundheitsförderung wird diese Dynamik noch verstärken.

Das neue Konzept soll zur Weiterentwicklung der Angebote anregen. Die verschiedenen Präventionsdienstleister können durchaus Kampagnen, auch zur Zusammensetzung von Lebensmitteln, starten.

Unsererseits kann ich mitteilen, dass mir vorschwebt, den PRT und die Verbraucherschutzzentrale damit zu beauftragen, für das Jahr 2017 eine Kursreihe mit dem Thema „Mündigkeit in der Auswahl von Lebensmitteln“ zu starten. Die Kooperation soll bei den anstehenden Versammlungen besprochen werden.

Kommen wir aber zur Kennzeichnung von Lebensmitteln. Hierbei handelt es sich um eine geteilte Zuständigkeit zwischen dem Föderalen öffentlichen Dienst Gesundheit, Sicherheit der Nahrungskette und Umwelt und dem Föderalen öffentlichen Dienst Wirtschaft, KMU, Stand und Energie. Einzige Ausnahme sind die Hygienestandards, die in den Aufgabenbereich der Föderalagentur für Sicherheit der Nahrungsmittelkette – AFSCA – fallen.

Die belgischen Rechtsvorschriften über die Kennzeichnung von Lebensmitteln stützen sich auf die EU-Richtlinie 1169/2011.

Frage 1

Kurz gesagt: Eine wichtige Aufgabe zum Schutz der Verbraucher, die aber beim Föderalstaat liegt und nicht bei der DG. Persönlich, und damit komme ich zur Beantwortung Ihrer ersten Frage, bin ich der Meinung, dass ein transparentes und klares Kennzeichnungssystem von Lebensmitteln ein fundamentales Verbraucherrecht ist. Denn erst wenn der Verbraucher ausreichend über die Inhaltsstoffe informiert ist, kann er mündig eine Kaufentscheidung treffen. Selbstverständlich können sich die Bürger auch selbst über die Nebenwirkungen informieren, aber bei der Fülle an neuen und modifizierten Inhaltsstoffen muss der Verbraucher heutzutage diplomierter Lebensmittelchemiker und Ökotrophologe sein, um sich durch den Lebensmitteletikettendschungel kämpfen zu können.

Das Ampelsystem ist sicherlich ein durchaus interessanter Ansatz, um den Verbraucher zu begleiten. Dennoch weist das Konzept auch Schwächen auf.

So birgt das System die Gefahr, dass der Verbraucher sich nicht mehr ausreichend mit den Bestandteilen (Inhaltstoffen und Nährwertinformationen) des Nahrungsmittels auseinandersetzt und sich beim Einkauf nur noch an den jeweiligen Farben orientiert.

Die französische Regierung hat die Behörde für die Sicherheit der Nahrungskette mit einer Studie über die Einführung eines Systems der bildlichen Darstellung der Nahrungswerte von Produkten anhand von zwei unterschiedlichen Systemen beauftragt.

Ich werde an dieser Stelle nicht auf die technischen Details der beiden Systeme eingehen. Viel interessanter sind die Ergebnisse der Untersuchung. Die Hauptschwäche beider Systeme liegt in ihrer jeweiligen Zielsetzung, d.h. die vollständige Darstellung der Zusammensetzung der Produkte. Problematisch ist nämlich, dass eine Reihe von Produkten verarbeitete Lebensmittel beinhalten, über die der Verbraucher nicht informiert wird und die ebenfalls aufgeschlüsselt werden müssten.

Wie dem auch sei: Die Position der Regierung ist hier von geringer Bedeutung, da die Festlegung der Kriterien zur Etikettierung von Produkten wie gesagt eine föderale Zuständigkeit ist. Wie ein solches System also in der Praxis aussehen sollte, darüber müssen sich die EU und die jeweiligen Mitgliedsstaaten Gedanken machen.

Frage 2

Derzeit sind mir keine Kampagnen in Belgien zu diesem Thema bekannt. Die AFSCA verfügt jedoch über ein Website, die den Bürgern eine Vielzahl von interessanten Informationen rund um das Thema Lebensmittel, Zusatzstoffe, Allergene usw. zur Verfügung stellt – auch in deutscher Sprache übrigens.

Ich werde aber die föderale Gesundheitsministerin Maggie de Block und den Verberbraucherschutzminister Kris Peeters zu einer Verbesserung der Kennzeichnungspflicht aufrufen. Ich denke, wir sollten sogar einen Schritt weitergehen und auch unseren EU-Abgeordneten auffordern, im EU-Parlament die Initiative zu ergreifen und sich für eine europäische Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln stark zu machen. Das ist für die Bürger der Grenzregion besonders wichtig; schließlich kauft ein Teil der Ostbelgier seine Lebensmittel in Deutschland und Luxemburg. Er könnte im Rahmen einer Ausschusssitzung erörtern, welche Schritte er bisher unternommen hat bzw. was der Stand der politischen Debatte ist. Seine Bereitschaft dazu hat er mir persönlich erklärt.

Frage 5

Mit unserem Konzept der Gesundheitsförderung möchte die Regierung durch das Prinzip Empowerment und Selbstverantwortung dafür sorgen, dass die Gesundheitsinformationen bestmöglich interpretiert und genutzt werden. Wir möchten die Eigenverantwortung des Menschen für seine Gesundheit fördern. Eine Piste der Gesundheitsförderung ist es also, den Menschen das nötige Rüstzeug für ein eigenverantwortliches Leben mit auf den Weg zu geben.

Das Interpretieren von Lebensmitteletiketten wird nicht speziell im Konzept angesprochen, knüpft jedoch nahtlos an das Empowerment der Bürger an. Aber ich erinnere noch mal an meine Aussage von vorhin. Nicht der Verbraucher ist hier in der Bringschuld, sondern die Politik und die Lebensmittelindustrie!

Fragen 6 +7

Eine gezielte Aufklärungskampagne in den Schulen ist nicht vorgesehen.
Das Thema gesunde Ernährung ist jedoch fest in den Rahmenplänen der Schulen, die vom Parlament der DG verabschiedet wurden, verankert.

Die Rahmenpläne sehen ein breites Spektrum an Kompetenzen vor, die ein Schüler sich im Laufe seiner Schulzeit im Bereich der gesunden Ernährung aneignen kann. Dies reicht vom Geben guter Beispiele für die Gesundhaltung des Körpers (Körperhygiene, gesunde Ernährung, Bewegung, Schlafbedürfnis) über die Notwendigkeit einer gesunden Ernährung bis zur Erläuterung von Gesundheitsstörungen (Anorexie, Bulimie …)

Darüber hinaus werden bereits Kinder im Vorschulalter, die den Kindergarten besuchen, durch viele unterschiedliche Projekte an die gesunde Ernährung herangeführt.

Im schulischen Bereich ist Kaleido natürlich ein wichtiger Vermittler. Die Förderung einer gesunden Ernährung ist Teil des Aufgabenbereichs.

Dies spiegelt sich in diversen Maßnahmen wider. Neben dem eingangs erwähnten Programm Tutti Frutti findet beispielsweise im Rahmen der Zahnpflege die Erstanimation in diesem Jahr unter dem Titel „gesunde Pausenbrote“ statt. Hier wird auch auf die Nährwerte von Lebensmitteln eingegangen.

Eine spezifische Aufklärung über bedenkliche Zusatzstoffe in Nahrungsmitteln ist derzeit nicht vorgesehen.

Dennoch finde ich ihre Anregung interessant und werde sie an den Unterrichtsminister weiterleiten. Allerdings bin ich ganz klar der Meinung, dass die Schule nicht alle Herausforderungen des Lebens bewältigen kann. Am Ende laufen wir Gefahr, sowohl die Schüler als auch die Lehrer zu überfordern. Das ist glaube ich nicht das Ziel der hier im Parlament der hier im PDG vertretenen Fraktionen, auch wenn ich unter anderem von Vivant öfters gefragt werden, ob bestimmte Themen in der Schule behandelt werden. Auch wenn der Reflex verständlich ist, die Schule kann nicht alles richten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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