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Interpellation von Frau Franzen an Herrn Minister Antoniadis zur Unterstützung von Projekten für die Integration von Flüchtlingen


Interpellation von Frau Franzen an Herrn Minister Antoniadis zu der Unterstützung von Projekten für die Integration von Flüchtlingen

 Behandelt in der Plenarsitzung vom 3. November 2014

 

2014-11-03- Interpellation Von Frau Franzen An Herrn Minister Antoniadis Zu Der Unterstützung (80.8 KiB)

Es gilt das gesprochene Wort!

 

HERR LAMBERTZ, Präsident: Wir kommen zur Antwort der Regierung.

Herr Minister Antoniadis hat das Wort.

 

HERR ANTONIADIS, Minister (vom Rednerpult): Es freut mich, dass Sie sich zu so später

Stunde noch freuen, Frau Franzen.

 

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der doch recht umfangreichen Plenarsitzung möchte ich versuchen, mich möglichst kurzzufassen und trotzdem zufriedenstellend auf die drei Fragen von Frau Franzen zu antworten.

Die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist eine Herausforderung, vor der sowohl die Deutschsprachige Gemeinschaft und ihre neun Gemeinden als auch alle Gebietskörperschaften in Belgien, ganz Europa und viele Länder dieser Welt stehen. Aufgrund der demografischen Entwicklung, der Globalisierung und der Migration entwickeln sich kulturell heterogene Gesellschaften.

Diese Entwicklung ist nicht ganz spannungsfrei. Das Unbekannte und Fremde wird von der Aufnahmegesellschaft gelegentlich als Gefahr gesehen und auf Abstand gehalten. Auf der anderen Seite haben wir es u. a. aber auch mit zugezogenen Menschen aus anderen Kulturen und Religionskreisen zu tun, von denen es manche zuweilen schwer haben, sich an die Werte, Gepflogenheiten und Gesetze der Aufnahmegesellschaft zu gewöhnen.

Um Parallelgesellschaften und die Bildung von Gettos zu vermeiden, um das friedliche Miteinander zu fördern und das Potenzial einer vielfältigen Gesellschaft auszuschöpfen, bedarf es daher einer von dem Prinzip „Fördern und Fordern“ geprägten Integrationspolitik sowie einer verantwortungsvoll handelnden öffentlichen Hand.

Die Deutschsprachige Gemeinschaft ist sich in diesem Sinne ihrer Verantwortung bewusst. Seit Jahren unterstützen wir Organisationen und Einrichtungen, die die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund in allen Lebensbereichen fördern. Mit der Einsetzung des Rates für Entwicklungszusammenarbeit, Solidarität und Integration haben wir u. a. eine Netzwerkplattform geschaffen, die die Akteure aus dem Sektor zusammenbringt und die Bevölkerung für das Thema der Integration sensibilisiert.

Besagtes Gremium hat den Bedarf für ein eigenes Integrationskonzept zur besseren Vernetzung der bestehenden Angebote und Ergänzungen der bisherigen Dienstleistungen erkannt und einen entsprechenden Vorschlag ausgearbeitet, der der Öffentlichkeit bereits vorgestellt wurde.

Die Ausarbeitung dieses Vorschlags, die von der Deutschsprachigen Gemeinschaft finanziert wurde, bildet die Basis für das Zukunftsprojekt Miteinander stark des zweiten Umsetzungsprogramms des REK und soll auch das Umsetzungsprogramm für das Integrationskonzept in der Deutschsprachigen Gemeinschaft sein. Zu diesem Integrationskonzept gehören auch die Überlegungen im Hinblick auf die von Frau Franzen zu Recht erwähnte Erweiterung des Sprachkursangebots in der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Mit diesen Angeboten geht jedoch auch die Verpflichtung einher, dass die Kursteilnehmer die Sprache tatsächlich erlernen. Das gehört ebenfalls zum Fördern und Fordern, denn die Sprache ist der Schlüssel zur Integration. So viel zu dem, was uns in Zukunft erwartet. Aber was passiert kurzfristig mit dem Projekt von Info-Asyl und mit den Partnerprojekten?

Damit komme ich zur konkreten Beantwortung Ihrer Fragen, Frau Franzen.

Ihre erste Frage lautete, ob die Regierung ihren Worten Taten folgen lassen und die Fortführung der bestehenden Projekte absichern werde.

Dazu kann ich sagen, dass spätestens seit 2014 bekannt war, dass das Projekt des EFF auslaufen würde. Auch den Projektträgern war dies hinlänglich bekannt. Im Rahmen der Diskussion zur Übertragung der neuen Zuständigkeiten wurde ebenfalls bereits darüber diskutiert, dass der Europäische Flüchtlingsfonds nicht mehr fortbestehen wird. Zu keinem Zeitpunkt hat aber die Regierung oder hat die Deutschsprachige Gemeinschaft in Aussicht gestellt, dass die vom EFF-Fonds und von der Deutschsprachigen Gemeinschaft kofinanzierten Projekte nach Ablauf der Förderperiode alleine von der Deutschsprachigen Gemeinschaft finanziert werden.

Jede Förderperiode hat einen Anfang und ein Ende, und es ist nicht die Aufgabe der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die strukturelle Finanzierung von Projekten zu übernehmen. Wenn ein von der EU, vom Föderalstaat oder von der Wallonischen Region teilfinanziertes Projekt ausläuft, können wir nicht jedes Mal in die Bresche springen und die komplette Finanzierung übernehmen. So werden beispielsweise in der nächsten Förderperiode für die ESF-Projekte 11 Millionen Euro vom ESF und 11 Millionen Euro von der Deutschsprachigen Gemeinschaft beigesteuert.

Das wären dann insgesamt 22 Millionen Euro, die wir nach Ablauf der Förderperiode strukturell und rekurrent zur Verfügung stellen müssten. Hinzu kämen dann noch die neuen Projekte. Sie können sich ja sicherlich vorstellen, welche hohen Ausgaben damit auf uns zukämen. Hier stehen also in erster Linie die Projektträger selbst in der Verantwortung, ein gelungenes Projekt nachhaltig abzusichern. Es liegt aber dennoch im Interesse der Deutschsprachigen Gemeinschaft und der Gemeinden, das bestehende Angebot auch nach dem Wegfall der Finanzierung seitens der EU oder des Föderalstaates zumindest zum Teil aufrechtzuerhalten.

Zweitens fragen Sie mich, Frau Franzen, welche Schritte ich als zuständiger Minister bisher unternommen habe, um die Weiterführung der derzeit laufenden Projekte des Europäischen Flüchtlingsfonds abzusichern. In der vergangenen und auch bereits in der neuen Legislaturperiode haben in Brüssel diverse Versammlungen stattgefunden, in denen es darum ging, sicherzustellen, dass die Deutschsprachige Gemeinschaft bei der Verteilung der Fördermittel nach wie vor berücksichtigt wird.

Zunächst schien dies nicht machbar, aber schließlich ist es uns dennoch gelungen, durchzusetzen, dass der Deutschsprachigen Gemeinschaft für den Bereich der Integration für die nächsten sieben Jahre 236.250 Euro bereitgestellt werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Organisationen der Deutschsprachigen Gemeinschaft mit den frankofonen Antragstellern konkurrieren sollten, wobei es natürlich keine Garantie auf Erfolg geben würde.

Allerdings wurde bisher kein Projektaufruf gestartet. Wir wissen also, wie viel Geld uns zur Verfügung stehen wird, aber wir wissen nicht, welche Vorgaben, welche Kriterien erfüllt sein müssen, um auf diese Mittel zurückgreifen zu können. Das ist für die Organisationen natürlich nicht zufriedenstellend. Ich habe mich mehrmals mit den Verantwortlichen von Info-Asyl zusammengesetzt und mich mit ihnen über Absicherungsmöglichkeiten unterhalten. Dabei haben wir festgestellt, dass die Dienstleistungen von Info-Asyl von großer Bedeutung für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund sind.

Frau Franzen hat bereits einige Dienstleistungen erwähnt. Dazu gehören unter anderem die Sprechstunden für Migranten zum Thema Aufenthaltsrecht, die Sprachkurse, die Infos zum Arbeitsmarkt sowie die Unterstützung der zweiten Linie, sprich: Vernetzungsangebote, die Organisation von Weiterbildungen usw. Aufgrund der Wichtigkeit dieser Dienstleistungen hat die Regierung bei ihren Haushaltsberatungen beschlossen, trotz angespannter Haushaltslage für Info-Asyl einen Betrag von rund 102.000 Euro vorzusehen, d. h., dass die Grundfinanzierung des Dienstes künftig von der Deutschsprachigen Gemeinschaft übernommen wird. Darüber hinaus haben wir Mittel für die Gegenfinanzierung von Projekten im Bereich der Integration vorgesehen.

Wenn also ein Projekt zu dem neu geschaffenen Fonds Asile, migration et intégration (FAMI) genehmigt wird, gewährt die Deutschsprachige Gemeinschaft noch eine Gegenfinanzierung. Was die Sprachkurse angeht, so hat die Volkshochschule Aachen zusammen mit der KAP ein entsprechendes Projekt beim ESF eingereicht. Die Chancen, dass für dieses Projekt eine ESF-Finanzierung bewilligt wird, sind meines Erachtens gut. Die Dienstleistungen, die das SPZ im Bereich „mentale Gesundheit“ auch für Asylbewerber anbietet, können weiterhin über FEDASIL abgerechnet werden. Die Kosten für Übersetzerdienste, die zur Kommunikation mit Asylbewerbern vonnöten sind, können nicht über die derzeit geltenden EU-Förderkriterien finanziert werden.

Diese Kosten können genau wie die Kosten für Supervisionen der Akteure aus dem Bereich Integration auch nicht von der Deutschsprachigen Gemeinschaft finanziert werden. Bei der Ausarbeitung des neuen Geschäftsführungsvertrags mit dem SPZ besteht jedoch die Möglichkeit, dessen Dienstleistungen neu zu definieren. Wenn wir über Integration reden, möchte ich einen Akteur aus diesem Sektor nicht unerwähnt lassen: den Erstempfang der Stadt Eupen. Dieser Dienst wurde mit dem Ziel geschaffen, den Bevölkerungsdienst der Stadt Eupen zu entlasten. Die Entscheidung über den Fortbestand dieses Angebots liegt selbstverständlich bei den Stadtverantwortlichen, denn der Erstempfang von neu Zugezogenen, seien es nun Belgier oder ausländische Staatsbürger, ist eine ureigene Aufgabe der Gemeinde und obliegt nicht der Deutschsprachigen Gemeinschaft.

Wie Sie sehen, war die Regierung im Bereich der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund bisher nicht untätig und wird es auch künftig nicht sein.

Ich komme nun zu Ihrer letzten Frage, Frau Franzen: Welchen Platz möchte die Regierung den Gemeinden in diesem Gesamtkonzept einräumen? Natürlich nehmen die Gemeinden eine wichtige Rolle bei der Integration von Bürgern ausländischer Herkunft ein. Integration vollzieht sich nämlich vor allen Dingen auf lokaler Ebene, das heißt in der Wohngemeinde. Die Ausgangslage für die Integrationsförderung und die damit verbundenen Herausforderungen sind je nach Gemeinde unterschiedlich.

Diese lokalen Unterschiede habe ich im Rahmen meiner Besuche in den ÖSHZ feststellen können. Die geografische Lage, die Größe und die Zusammensetzung der Bevölkerung sind entscheidende Faktoren und von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Frau Franzen, Sie haben Eupen und Kelmis als Gemeinden genannt, in denen die Situation besonders schwierig ist. Es gibt aber auch Gemeinden in unserem Gebiet, in denen ein ganz anderer Bedarf besteht und in denen die Bedingungen ganz anders sind. Deshalb ist neben der Festlegung eines allgemeinen gesetzlichen Rahmens auch ein auf jede einzelne Gemeinde zugeschnittenes Vorgehen erforderlich. Demzufolge wird eine noch stärkere Einbeziehung der Gemeinden bei der Ausarbeitung und Umsetzung eines im Integrationskonzept des RESI geforderten Eingliederungsparcours für die Migranten unerlässlich sein.

Das Konzept für diesen Eingliederungsparcours soll gemeinsam mit den Akteuren aus dem Bereich ausgearbeitet werden. Ich hoffe, ich war nicht zu schnell und habe alle Fragen zufriedenstellend beantwortet. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit! (Allgemeiner Applaus)

 

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