Es gilt das gesprochene Wort!
13.09.23
Antwort zur medizinischen Versorgung in der Muttersprache
Die medizinische Behandlung in Muttersprache, insofern es eine der drei Landessprachen ist, ist für mich das Recht eines jeden Belgiers. Im Gesetz über die Patientenrechte ist die Rede davon, dass die Behandlung in einer für den Patienten verständlichen Sprache stattfinden muss.
Ich bin mir dessen bewusst, dass man diese Bestimmung auch so interpretieren kann, dass es lediglich um die Wortwahl des Arztes geht und weniger um die Wahl der Sprache, weil es oft genug schwierig ist, sich in der eigenen Landessprache verständigen zu können.
Ich habe mich allerdings in der bisherigen Argumentation der letzten Jahre immer wieder auf das Gesetz über die Patientenrechte bezogen.
Und ich bin erfreut darüber, dass die Debatte über die Behandlung in den Landessprachen endlich auch das Inland erreicht hat – wenn auch aus einem anderen Grund.
Ich bin sehr gespannt darauf, wie der Vorschlag des zuständigen Gesundheitsministers über die Anpassung der Gesetzgebung sein wird.
Ich interpretiere seine Ankündigung so, dass er die Bestimmung genauso liest wie ich. Und deshalb will er sie nun präzisieren. Dass wir das aktuelle Gesetz bereits von diesem Blickwinkel betrachteten, war in der Vergangenheit wichtig.
Nur deshalb war es uns gelungen, die Ostbelgien-Regelung als Alternative zum IZOM-Abkommen durchzusetzen. Nur deshalb war es möglich, die Verlängerung der Ostbelgien-Regelung bisher durchzusetzen.
Denn wenn die Behandlung im eigenen Land nicht mehr in einer verständlichen Sprache gewährleisten werden kann, dann muss es die Möglichkeit geben, im vereinten Europa eine Lösung zu finden.
Die damalige Ministerin Maggie De Block berief sich zwar auf die damals neue europäische Richtlinie für die grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung, willigte aber daraufhin ein, dass das IZOM nicht alternativlos beendet wird.
Seitdem versuchen wir die Fortsetzung, die Vereinfachung und die Ausweitung der Ostbelgien-Regelung zu erreichen. Im Detail die aktuelle Ostbelgien-Regelung zu erläutern, würde den zeitlichen Rahmen sprengen.
Auf Ostbelgienlive.be, bei den Krankenkassen oder beim Patienten Rat & Treff erhält man ausrechend Informationen über diese Ausnahme-Regelung für unsere Region zur eigentlichen EU-Richtlinie.
Die Ostbelgien-Regelung ist besser als ihr Ruf, aber sie ist nicht perfekt.
Diese Regelung wurde unter Einbeziehung aller Krankenkassen in Ostbelgien und Belgien, dem LIKIV, der Föderalregierung, allesamt die zuständigen Instanzen, und unter starkem Druck der Regierung der DG als einzige nicht zuständige Instanz ausgearbeitet.
Ich habe stets gesagt, wir seien nicht zuständig, aber betroffen und daher ist es unsere Pflicht auf eine Regelung zu pochen – und das nicht nur mit Forderungen, sondern durch die aktive Mitarbeit in unzähligen Sitzungen mit den betroffenen Akteuren. Dank dieser Maßnahme können ostbelgische Patienten Ärzte und Kliniken im benachbarten Deutschland aufsuchen auf eine einfachere und kostengünstigere Weise als das über die EU-Richtlinie möglich wäre. Natürlich ging das IZOM deutlich weiter.
Und manchmal ging es für einige zu weit. Das IZOM ging zu weit zum Beispiel zum Nachteil des Haushaltes der Sozialen Sicherheit und zum Nachteil der Gesundheitsdienstleister und der Krankenhäuser in Ostbelgien.
Denn die Niederschwelligkeit des IZOMs wurde am Ende zum Verhängnis für das IZOM. Es kam zu einem starken Überkonsum von Leistungen, die sich eher am „Marktpreis“ orientierte als am tatsächlichen Bedarf von Behandlungen in deutscher Sprache. Der Hausarzt wurde genauso aufgesucht, wie der Orthopäde, der Kardiologe, der Orthopädie-Schuhtechniker und der Akustiker.
Denn im Unterschied zu den Leistungen in Belgien wurde die Leistungen in Deutschland dank des IZOM-Abkommens vom belgischen Staat komplett zurückerstattet.
Die Gesundheitsdienstleister und die Krankenhäuser, die Leistungen in deutscher Sprache sehr wohl anbieten konnten, beklagten diesen Umstand beim LIKIV.
Hinzu kamen Geldforderungen bis hin zur Gewinnbeteiligung der AOK für die angebotenen Services für die ostbelgischen Patienten. Das brachte für das LIKIV und Ministerin De Block das Fass zum Überlaufen.
Dass also die IZOM-Regelung genauso wieder eingeführt wird, das wage ich zu bezweifeln. Es stellt sich ohnehin die Frage für die Politik, wie man auf der einen Seite die Wiedereinführung des IZOM fordern kann, während man auf der anderen Seite die finanzielle Situation der Krankenhäuser oder die fehlende Präsenz von Fachärzten beklagt.
Wir brauchen, wie so oft im Leben, eine ausgewogene Situation.
Im besten Fall gibt es ausreichend Ärzte, die in deutscher Sprache in Ostbelgien praktizieren und für all die Leistungen, die aufgrund der Spezialisierung und der Kleinheit der Region in Ostbelgien oder im Lütticher Raum in deutscher Sprache nicht angeboten werden können, brauchen wir Alternativen über einen administrativ vereinfachten Zugang.
Die Situation ist allerdings deutlich komplexer als das und bedarf einer Lösung in mehrere Richtungen. Die Krankenhäuser sind bemüht, deutschsprachige Ärzte zu finden bzw. die Ärzte zu befähigen, die deutsche Sprache zu erlernen.
Diese Bemühungen müssen natürlich intensiviert werden, ansonsten verlieren unsere Krankenhäuser ein Stück weit Identität mit der Region und in der Folge letztendlich auch die Patienten, die sich genauso gut in Verviers, Malmedy oder Lüttich behandeln lassen können, wenn die Ärzte sowieso nur Französisch sprechen.
Wir brauchen LIKIV-Nummern für Hausärzte und andere Fachtitel, die in Brüssel vielleicht in großer Zahl konzentriert, aber im ländlichen Raum nur in geringer Zahl zu finden sind.
Dieses Problem der nicht ausgewogenen Präsenz von Ärzten in der Stadt und auf dem Land könnte man lösen, wenn man neben der allgemeinen Vergabe der LIKIV-Nummern auch geographisch verankerte LIKIV-Nummer vergeben würde, zu der man nur Zugang bekäme, wenn man sich verpflichten würde, mehrere Jahre im ländlichen Raum zu arbeiten. So ähnlich wird das in mehreren deutschen Bundesländern praktiziert.
Diese Forderung meinerseits wurde von De Block stets abgelehnt, weil für sie der Beruf des Arztes ein liberaler Beruf war. Frank Vandenbroucke hat jedoch eingewilligt, den Sachverhalt zu prüfen.
Eine besondere Situation gibt es zudem in der Notaufnahme.
Ich habe bisher bei allen belgischen Gesundheitsministern interveniert, damit deutsche Notfallmediziner eine Anerkennung und eine Berufszulassung in Belgien erhalten dürfen. In Belgien gibt es für die Notaufnahme den Titel „Urgentiste“.
Diesen Fachtitel kann man nur in Belgien erwerben.
Der Bedarf kann nur abgedeckt werden, wenn deutsche Notfallmediziner eine rechtlich abgesicherte Berufszulassung erhalten. Ich hoffe auch hier auf die Unterstützung des Kollegen Vandenbroucke. Mit Bezug auf den vereinfachten Zugang zum Ausland habe ich mit ich dem Gesundheitsminister bereits mehrfach darüber ausgetauscht. Er hat mir zugesichert, dass er bereit wäre, die Ostbelgien-Regelung dahingehend zu verbessern, solange auch die Interessen des belgischen Staates gewahrt werden können. Da wir keine Zuständigkeit in diesen Bereich haben und uns somit keine Zahlen oder Details bekannt sind, haben wir von den ostbelgischen Krankenkassen Informationen erhalte.
Weitere Informationen wurden über die Zeit durch die ostbelgischen Patienten gesammelt, die sich in der Vergangenheit bei mir im Rahmen von Interventionen gemeldet haben.
Der Hauptknackpunkt, den die Krankenkassen angeben, ist der Umgang mit den Medikamenten.
Hier gibt es Schwierigkeiten bei der Übernahme der Kosten.
Das hat manchmal damit zu tun, dass die Medikamente eine andere Bezeichnung haben oder dass die Zusammensetzung geringfügig unterschiedlich ist. Ein weiteres Problem betrifft die unterschiedliche Handhabung.
Während in Belgien, je nach Behandlung, ein bestimmtes Medikament nur über die Krankenhausapotheke ausgestellt wird, gibt in Deutschland eine niedergelassene Apotheke das Medikament aus. Ein weiteres Problem sind die administrativen Hürden.
Auch wenn der Zugang bei der Ostbelgien-Regelung einfacher ist als bei der EU-Richtlinie, muss ein Patient dennoch vier Stellen ansteuern.
Er braucht den Kontakt zu einem Facharzt in Belgien, bei der belgischen Krankenkassen, der deutschen Krankenkasse bis hin zum deutschen Arzt.
Ein weiterer Punkt, der mir wichtig ist, ist die Absicherung der Regelung.
Das kann nur geschehen, wenn die Ostbelgien-Regelung in der Gesetzgebung verankert ist und nicht mehr über ein LIKIV-Protokoll laufen muss.