Reden / Reden & Parlament

Fachtagung der Psychiatrischen Tagesklinik für Jugendliche


Eupen, den 29.09.2016

Es gilt das gesprochene Wort!

Rede Fachtagung (213.9 KiB)

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst möchte ich mich für die Einladung bedanken, der ich natürlich sehr gerne nachgekommen bin. Meine Vorrednerin hat bereits eine ganze Reihe interessanter Aussagen getroffen. Und auch ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um einige Worte an Sie zu richten.

Immer mehr, immer schneller, immer besser und vor allem nach außen hin ganz cool. So ist der Alltag vieler Menschen getaktet. Besonders der von Kindern und Jugendlichen. Ein Leben auf der Überholspur. Solang die Show stimmt, ist scheinbar alles bestens.

Doch der Schein trügt!

Immer häufiger leiden Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 13 und 18 Jahren an psychischen Störungen. Oftmals ist es die Pubertät, die zu Verhaltensauffälligkeiten führt. In dieser Zeit durchleben Kinder und Jugendliche eine schwierige Phase. Der Übergang vom Kind zum Jugendlichen bis hin zum Erwachsenen verläuft nicht immer reibungslos.  Selbstfindung, schulischer Druck sowie die Suche nach dem persönlichen Platz in der Gesellschaft besorgt viele.

Obwohl Teenager in dieser Zeit zwar durchaus zu rationalen Entscheidungen in der Lage sind, neigen sie dennoch häufig zu extremen, risikohaften Verhaltensweisen. Die Suche nach Anerkennung lässt den rationalen Gedanken dann häufig keinen Platz. Dieses Problem lässt sich sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen gleichermaßen beobachten. Gesundheitsgefährdende Diäten, der Griff zu Alkohol, Tabak oder illegalen Drogen führen häufig zu Essstörungen, Schlafstörungen, Depressionen oder Zwangskrankheiten. Ein zunehmender Trend unter Jugendlichen ist sicherlich auch der ständige Bedarf an Internet und sozialen Netzwerken. Ohne WIFI würde für den einen oder die andere eine ganze Welt zusammenbrechen. Viele bauen sich eine Scheinwelt im Netz auf, verlieren jedoch so den Bezug zur Realität. Menschliche Kontakte und Bindungen können auf diese Weise nicht entstehen oder gehen verloren.

Doch warum genau gibt es in unseren Reihen immer mehr junge Menschen, die nicht mehr können, die traurig sind, süchtig, psychotisch, die sich selbst zerstören, sich ausgegrenzt fühlen ?

Diese Frage führt mich wieder ein wenig zurück auf das, was ich eingangs von dem Leben auf der Überholspur gesagt habe. Möglicherweise wäre eine Entschleunigung oftmals das richtige Rezept.

Sie alle können sicherlich viel mehr dazu sagen und haben bestimmt auch wissenschaftlich fundierte Antworten parat. Und daher sind wir heute hier.

Liebe Anwesende,

auf genau dieses Thema möchten wir in der heutigen Fachtagung eingehen. Der Schwerpunkt dieser Zusammenkunft liegt ganz klar im Wohl der Kinder und Jugendlichen unserer Gesellschaft.

Derzeit gibt es in der Deutschsprachigen Gemeinschaft bereits jeweils ein mobiles Team für den Norden und eines für den Süden. Zudem gibt es das Angebot der psychiatrischen Tagesklinik Eupen. Diese richtet sich an Patienten, für die eine ambulante Betreuung nicht ausreicht, eine vollstationäre Betreuung jedoch zu umfassend wäre. In diesem Fall bedeutet Tagesklinik, dass die Jugendlichen hier den ganzen Tag verbringen, wodurch ein ausführliches Kennenlernen der Therapeuten und der Patienten ermöglicht wird. Sowohl die ambulante als auch die stationäre Fürsorge gehören der Klinik St. Josef in St. Vith an.

Ziel dieser Dienste ist es, die Jugendlichen dahingehend zu begleiten, dass sie ihren Weg in den Schul- bzw. Ausbildungsalltag wiederfinden. Die Zusammenarbeit mit dem familiären, dem schulischen und dem sozialen Umfeld liegt dabei besonders im Fokus der Therapie. Erst wenn das Problem an der Wurzel angepackt wird, können langfristige Lösungswege auch Früchte tragen.

Mir als Minister für Soziales und Gesundheit ist das seelische Wohlbefinden unserer Kinder und Jugendlichen ein besonderes Anliegen. Es freut mich, dass in der Deutschsprachigen Gemeinschaft bereits ein solch umfassendes Angebot mit einem multidisziplinären Fachpersonal an Psychiatern, Erziehern, Sozialarbeitern und Therapeuten besteht.

Dies darf uns jedoch keineswegs dazu verleiten, die Arme zu verschränken und uns zurückzulehnen. Nein, wir müssen uns auch in Zukunft bei der Entwicklung der Angebote, am Puls der Gesellschaft orientieren. Eine kontinuierliche Anpassung muss sowohl durch Sachverständige als auch durch die Regierung getragen werden. Wir sind heute hier um einander auszutauschen.

Im Zuge der sechsten Staatsreform wurde der Deutschsprachigen Gemeinschaft die Zuständigkeit für den Psychiatrieverband, das begleitende Wohnen und das psychiatrische Pflegewohnheim übertragen. Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit, einen Teil der mentalen Gesundheit in Zusammenarbeit mit den Akteuren bedarfsgerecht zu gestalten.

Dabei liegt die Herausforderung darin, die Gesundheitspolitik sowohl auf föderaler Ebene zu berücksichtigen, als auch pragmatische Lösungen für eine gebiets- und bedarfsgerechte Umsetzung in der DG zu finden. Föderale Reformen können in unserer Gemeinschaft aufgrund der Kleinheit nicht immer eins zu eins umgesetzt werden. In solchen Fällen gilt es, das Netzwerk der bestehen Angebote zu stärken und Synergien zu schaffen.

Die DG ist bemüht die Zusammenarbeit der Akteure zu sichern. So wird derzeit zum Beispiel mit Unterstützung der DG ein geeigneter Koordinator für das Netzwerk der bestehenden Angebote gesucht.

Ich weiß, dass Sie heute noch ein spannendes Programm mit zahlreichen Ateliers vor sich haben und möchte Ihre Zeit nun nicht länger in Anspruch nehmen. Wie es sich für einen Politiker gehört, möchte ich dennoch abschließend das Gesagte kurz und knapp auf den Punkt bringen:

Jugendliche sind Menschen in einer eigenständigen Lebensphase mit eigenständigen Merkmalen, Interessen und Anforderungen. Es ist wichtig, dies zu respektieren und wahrzunehmen und sie aufzugfangen, wenn sie an ihre Grenzen stoßen. Die Jugend ist nicht nur irgendeine Altersgruppe unter vielen. Nein, sie steht auch immer für Innovation, Wagemut und für das Aufbrechen alter Gewohnheiten und Strukturen, kurz gesagt also für: Zukunft.

Ich danke Ihnen für ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen und auch mir einen erkenntnisreichen Tag!

 

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