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Lichterzug – Freunde von Muramba


Rede von Antonios Antoniadis, Minister für Familie, Gesundheit und Soziales, anlässlich des Lichterzuges – Freunde von Muramba.

Es gilt das gesprochene Wort!

Eupen, 16. September 2016

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Sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich sehr, Sie hier am Parlament der Deutschsprachigen Gemeinschaft begrüßen zu dürfen. Es ist schön zu sehen, dass Sie alle am heutigen Abend ihr eigenes Licht in die Welt getragen haben. Eine ganz besondere Geste. Schließlich kann es nicht genug Licht in der Welt geben.

Denn wie dunkel und ungerecht diese Welt sein kann, lässt sich im Grunde genommen jeden Tag beobachten. Ein gutes Beispiel ist die immer größer werdende Kluft zwischen den reichsten und den ärmsten Menschen auf der Welt. Oxfam hat im Jahr 2015 eine Studie veröffentlicht, wonach das reichste Prozent der Weltbevölkerung mehr Vermögen angehäuft hat als die restlichen 99 Prozent zusammen. Einer von neun Menschen auf der Erde hat nicht genug zu essen, eine Milliarde Menschen haben weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zum Leben.

Denken wir aber auch zum Beispiel an den Rassismus und die Polizeigewalt gegen Afroamerikaner in Amerika, die im letzten Jahr durch die Erschießung des schwarzen Teenagers Michael Brown in Ferguson im Bundesstaat Missouri ihren traurigen Höhepunkt erreichten. Noch immer werden Menschen verfolgt, diskriminiert oder getötet, weil sie eine andere Hautfarbe haben.

Doch wir müssen gar nicht in den USA suchen gehen. Als nämlich vor gut einem Jahr immer mehr Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten flüchteten und in der Hoffnung auf ein besseres Leben auch Europa ansteuerten, schlug ihnen vielerorts ein ganz hässliches Gesicht unserer Gesellschaft entgegen.

Verunsicherung, Misstrauen und Angst haben immer mehr ihren Weg in unseren Alltag gefunden. Das gesellschaftliche Klima ist um einiges kühler geworden. Hinzu kommt, dass die Gesellschaft zunehmend individualistisch geprägt ist und ein jeder sich oft nur selbst am nächsten ist.

Aber warum erzähle ich Ihnen das eigentlich? Ich möchte Sie nicht verunsichern oder Schwarzmalerei betreiben. Ganz im Gegenteil. Denn wenn ich mich umsehe, dann sehe ich Menschen vor mir, die für das Gute in der Welt stehen und den Solidaritätsgedanken verinnerlicht haben. Denn darauf kommt es heute mehr denn je an: Ob alt oder jung, ob arm oder reich, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, jeder Mensch sollte in unserer Gesellschaft einen Platz finden. Es ist an uns, denjenigen zu helfen, die ihren Platz vielleicht noch nicht gefunden haben. Die DG wird mitunter als Solidargemeinschaft  bezeichnet. Diesen Titel trägt sie meines Erachtens zu Recht.

An dieser Stelle möchte ich einige konkrete Beispiele von Solidarität bei uns in der DG anführen. Ganz spontan muss ich da an die Aktion von Christmas in a Box denken, die von der Table Ronde jährlich organisiert wird. Dabei wird finanzschwächeren Menschen zu Weihnachten eine Freude bereitet. Solidarität im Schuhkarton sozusagen.

Im Sozial- und Seniorenbereich sind sehr viele Dienstleistungen ohne die vielen Ehrenamtlichen erst gar nicht denkbar. Sie sind für Menschen da, sie schenken ein offenes Ohr, sie begleiten sie.

Auch die Politik ergreift gezielte Maßnahmen. Mit der angestrebten Kindergeld-Reform, wonach 70 % aller Familien mehr Kindergeld bekommen werden, wird das Risiko der Kinderarmut um rund 2% sinken. Die 30 % werden durch einen Übergangsmechanismus aufgefangen und verlieren dadurch kein Kindergeld, solange die Zusammensetzung der Familie sich nicht ändert.

Die Regierung hat außerdem einen Projektaufruf gestartet zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie zur Förderung der Integration. Dieser Aufruf ist zeitlich nicht befristet, es können also jederzeit entsprechende Projekte eingereicht werden. Und dann gibt es noch die vier sozialen Treffpunkte in der Deutschsprachigen Gemeinschaft, die dabei helfen, Menschen unterschiedlicher Herkunft und allen Alters zusammenzubringen, damit sie am gesellschaftlichen Alltag teilhaben können.

Durch eine gute Seniorenhilfe können Senioren besser betreut werden. Auch diese wäre zum Beispiel in den Altenheimen ohne die Solidarität, die in der sozialen Sicherheit verankert ist, ist undenkbar. Jetzt wo die DG zuständig geworden ist, wollen wir diesen Gedanken mittragen und ausbauen.

Liebe Anwesende, als vereinzelte Länder durch die Attentate erschüttert wurden, hat sich die ganze Welt in Solidarität mit Paris, Brüssel oder Bagdad verbunden. Menschen sind zusammenkommen. Sie legten Blumen nieder und gedachten gemeinsam der Opfer. Sie weinten zusammen und spendeten einander Trost. Tausende kleine Teelichter bildeten eine unzertrennbare Lichterkette, die die Plätze in ein regelrechtes Kerzenmeer verwandelte.

Eine brennende Kerze ist ein machtvolles Symbol. Wie die Sonne, das Licht und das Feuer spendet die Kerze Wärme, Sicherheit und Geborgenheit. Als Lebenslicht steht sie für die Vergänglichkeit und die Ungewissheit des Lebens. Aber sie steht vor allem für Hoffnung.

Konfuzius hat einmal gesagt: „Es ist besser, ein einziges Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen“. Ich blicke in die Gesichter engagierter Menschen, die gekommen sind, um ein Zeichen zu setzen. Gegen Vorurteile und soziale Ungleichheit. Für Respekt und Toleranz. Sie verfluchen nicht die Dunkelheit und sie verlieren nicht die Hoffnung.

In diesem Sinne möchte ich mich bei Ihnen allen ganz herzlich für Ihr Engagement bedanken. Den „Freunden von Muramba“ möchte ich für die Organisation dieses bemerkenswerten Projektes danken. Im Namen der Regierung der Deutschsprachigen Gemeinschaft unterstütze ich die Aktion sehr gerne.

Abschließend möchte ich Ihnen noch ein kleines Zitat auf Englisch mit auf den Weg geben. Es stammt von Martin Luther King, der noch heute als eine Lichtfigur gilt. Es ist für jeden Menschen gültig, egal woher er kommt, welche Hautfarbe er hat oder an welchen Gott er glaubt.

“We must learn to live together as brothers or we are going to perish together as fools”.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

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