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Muss Opa eine Fußfessel tragen?


Antwort auf die Frage von Frau Franziska Franzen betreffend die Arbeitsgruppe zur Vorbeugung von Gefahren für Menschen mit Demenzerkrankungen

Im laufenden Arbeitsprogramm der Regierung ist vorgesehen, dass der Beirat für Wohn-, Begleit- und Pflegestrukturen für Senioren sowie für die häusliche Hilfe im Zeitraum von Mai bis August 2015 eine Arbeitsgruppe einsetzt, die sich mit der Vorbeugung von Gefahren für Menschen mit Demenzerkrankungen beschäftigt.

Hintergrund dieser Initiative ist eine Anfrage eines Alten- und Pflegewohnheims in der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Bezuschussung des Kaufs von sogenannten „Demenz-Armbändern“ in der vergangenen Legislaturperiode. Diese Armbänder gibt es in mehreren Ausführungen. Neben der beschreibbaren Variante zur bloßen Identifizierung des Heimbewohners gibt es unter Einsatz moderner Technik Modelle, die einen Alarm bei Weglauf auslösen oder die zur Ortung der Person über GPS-Tracking führen. So können zum Beispiel sogar Bewegungsprofile der Träger erstellt werden.

Vor dem Hintergrund einer Zunahme an demenzerkrankten Personen in der Zukunft ist es mir wichtig, diesen Antrag für die Ausstattung nicht einfach durchzuwinken. Ich möchte diese Zuschussanfrage zum Anlass nehmen, um eine allgemeine Vorgehensweise im Umgang mit Sicherungssystemen bei Demenzkranken in der Deutschsprachigen Gemeinschaft festzulegen.

Denn neben der Auswahl von effizienten Maßnahmen der modernen Medizin und Technik zur Vorbeugung von Gefahren stellt sich die ethische Frage nach der Würde und Selbstbestimmung des alternden Menschen.

Ist es ethisch vertretbar, einen Heimbewohner oder einen Angehörigen, der noch zuhause lebt, mit derartigen oder anderen Systemen auszustatten? Welche Alternativen sind möglich? Wo fängt Sicherheit an und wo hört Freiheit bzw. Intimität auf? Wann darf der Senior selbst, wann die Angehörigen bzw. die Pflegeeinrichtung über den Einsatz von Sicherungssystemen entscheiden? Das sind nur einige der Fragen, die diese Arbeitsgruppe behandeln könnte.

In einem Satz lässt sich der Auftrag wie folgt formulieren:

„Inwieweit dürfen Sicherungssysteme bei dementiell erkrankten Menschen eingesetzt werden, ohne dabei die Autonomie und Selbstbestimmung des Individuums unverhältnismäßig einzuschränken.“

Der Beirat hat sich in seiner Sitzung vom 6. Mai mit der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe befasst und wird mir einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Aufgrund der Sommerpause kann die Arbeitsgruppe allerdings erst ab September 2015 eingesetzt werden.

2016 wird der Beirat ein entsprechendes Gutachten erstellen, das schlussendlich in die Erarbeitung eines rechtlichen Rahmens für den Einsatz von Sicherungssystemen in der Pflege einfließen wird.

Geschlossen.

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